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zusammenLeben ohne Gewalt

Ausmaß von Gewalt

Übergriffe in der Kindheit

In ihrer Kindheit – also bis zum Alter von 16 Jahren – haben etwa drei Viertel der befragten Personen psychische und/oder körperliche Gewalterfahrungen gemacht. Dabei zeigen sich kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Frauen waren in ihrer Kindheit zu 74,8 % von psychischer und zu 72,6 % von körperlicher Gewalt betroffen. Auch hier ist anzumerken, dass beispielsweise die Bestrafung eines Kindes mit vorübergehendem Liebesentzug, das Beschimpftwerden oder auch der seelische Missbrauch von Kindern als Partnerersatz unter die Kategorie der psychischen Gewalterfahrungen fallen.

Von den befragten Männern haben 72,8 % psychische und 73,7 % körperliche Übergriffe in ihrer Kindheit erlebt. Bei der sexuellen Gewalt existieren klare geschlechterspezifische Unterschiede: Mit 27,7 % Nennungen waren mehr als doppelt so viele Frauen in ihrer Kindheit sexuellen Übergriffen ausgesetzt wie Männer (12 %).

Altersspezifische Betrachtung

Die altersspezifische Betrachtung in der Prävalenzstudie zeigt, dass die ältere Generation in ihrer Kindheit signifikant häufiger Gewalt erlebt hat als die Jüngeren. Dies wird bei den körperlichen Gewalthandlungen besonders deutlich. Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat dazu geführt, dass die körperliche Züchtigung von Kindern sowohl gesellschaftlich wie auch rechtlich immer weniger toleriert wird.

Waren beispielsweise acht von zehn Frauen und fast neun von zehn Männern im Alter von 51 bis 60 Jahren in ihrer Kindheit körperlichen Gewalthandlungen ausgesetzt (Männer: 86,3 %; Frauen 80,8 %), so wird in der Gruppe der heute 16- bis 20-jährigen Frauen und Männer jeweils von rund 55 % von erlebter körperlicher Gewalt berichtet. Der Anteil der in der Kindheit körperlich

Misshandelten ist zwischen der ältesten und der jüngsten Altersgruppe somit um rund 25 bis 30 Prozentpunkte zurückgegangen.

Ein ebenso signifikanter Rückgang an in der Kindheit erlebten Gewalthandlungen ist bei der sexuellen Gewalt zu beobachten – und zwar sowohl bei Frauen als auch bei Männern. So geben 40,8 % der 51- bis 60-jährigen Frauen und 19,9 % der Männer in dieser Altersgruppe an, in ihrer Kindheit sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen zu sein, wohingegen die Nennungen in der Altersgruppe der heutigen 16- bis 20-jährigen Frauen bei 19,6 % und die der Männer in dieser Altersgruppe bei 6,4 % liegen, was eine Halbierung der Übergriffe bzw. sogar einen Rückgang um zwei Drittel bedeutet.

Wer in der Kindheit Gewalt erlebt hat, war in der Regel von mehr als einer Gewaltform betroffen. So war die Mehrheit der befragten Frauen (38,7 %) und Männer (51,5 %) in der Kindheit sowohl mit Übergriffen psychischer Art wie auch mit körperlicher Gewalt konfrontiert.

Am zweithäufigsten wurde die Kombination aus allen drei Gewaltformen angegeben: Demnach hatten 23 % der Frauen und 11 % der Männer Formen psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt in ihrer Kindheit erlebt. Rund 10 % waren – geschlechtsunabhängig – entweder allein psychischen Übergriffen oder nur körperlichen Gewalthandlungen ausgesetzt.

Sexuelle Gewalterfahrungen in der Kindheit traten beinahe immer nur in Kombination mit den anderen beiden Gewaltformen auf, also sowohl in Verbindung mit psychischen als auch mit körperlichen Übergriffen.

Insgesamt suchten die befragten Frauen und Männer als Kinder nur sehr selten Hilfe und Unterstützung von außen. Wurde Hilfe in Anspruch genommen, dann dienten vor allem Freunde und die Familie als Anlaufstelle bei Gewalterfahrungen in der Kindheit. Hingegen wurden institutionelle Hilfsangebote kaum in Anspruch genommen.

Literatur

  • [1] Österreichisches Institut für Familienforschung an der Universität Wien: Gewalt in der Familie und im nahen sozialen Umfeld. Österreichische Prävalenzstudie zur Gewalt an Frauen und Männern Wien, 2011
    PDF, 29 MB
  • [2] Kapella, Olaf/Rille-Pfeiffer, Christiane: Gewalt in der Familie. Die österreichische Prävalenzstudie zur Gewalt an Frauen und Männern im nahen sozialen Umfeld. 2011
    Zusammenfassung der Studie

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