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Strafverfahren

Zeugen

Muss man „als Zeuge/Zeugin gehen“?

Wer als Zeuge/Zeugin geladen ist, muss grundsätzlich der Ladung Folge leisten und der Polizei/der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht Fragen darüber, was er/sie gesehen, gehört oder erlebt hat, wahrheitsgemäß beantworten. Ein Nichterscheinen bei Gericht trotz ausgewiesener Ladung kann mit Ordnungsstrafen (Geldstrafen) geahndet werden. Ein Verhinderungsgrund (Auslandsurlaub, Erkrankung etc.) sollte unbedingt rechtzeitig gemeldet werden – eine Entschuldigung gilt erst dann, wenn der Entschuldigungsgrund auch akzeptiert wurde.

Folgende Personen müssen nicht aussagen:

  • Opfer von Sexualdelikten (ohne Altersgrenze), wenn die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer vorausgegangenen gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen („kontradiktorische“ Vernehmung);
  • unter 14-jährige Opfer anderer strafbarer Handlungen, wenn die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer vorausgegangenen gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen;
  • minderjährige und volljährige (nahe) Angehörige des/r Verdächtigen: Angehörige müssen überhaupt nicht vor Gericht aussagen, es darf aber in einem solchen Fall auch nicht das Polizeiprotokoll verlesen werden, so dass ein wichtiges Beweismittel verloren gehen kann;
  • Psychiater/innen, Psychotherapeut/innen, Psycholog/innen, Bewährungshelfer/innen, eingetragene Mediator/innen, sowie Mitarbeiter/innen anerkannter Einrichtungen zur psychosozialen Beratung und Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist (ähnliche Aussageverweigerungsrechte haben u. a. auch Rechtsanwält/innen und Medienmitarbeiter/innen).

Zeug/innen müssen – Kinder in „kindgerechter“ bzw. „altersentsprechender Weise“ – über ihre Befreiung von der Aussage oder ihr Recht auf Verweigerung der gesamten oder eines Teiles der Aussage informiert werden.

Von der beantragten Vernehmung einer Person unter 14 Jahren, der/die Opfer eines Sexualdeliktes ist, kann dann abgesehen werden, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass die Einvernahme auch bei entsprechend behutsamen Vorgehen eine fortdauernde psychische Schädigung des/der Unmündigen ernstlich befürchten lässt.

Wie läuft eine Vernehmung als Zeuge/Zeugin ab?

Im Rahmen ihrer Aussage unterliegen Zeug/innen der Wahrheitspflicht, unter Umständen kommt sogar eine Beeidigung in Betracht. Mit einer falschen Aussage machen sich Zeug/innen selbst strafbar. Eine Falschaussage liegt auch darin, wahrheitswidrig anzugeben, vom Vernehmungsgegenstand nichts zu wissen bzw. wenn erhebliche Tatsachen vorsätzlich verschwiegen werden.

Die polizeiliche/staatsanwaltschaftliche/gerichtliche Vernehmung von Zeugen und Zeuginnen - also auch der Opfer -  erfolgt im Ermittlungsverfahren grundsätzlich ohne Anwesenheit anderer Personen nur durch den Polizeibeamten/die Polizeibeamtin, den Staatsanwalt/die Staatsanwältin bzw. den Ermittlungsrichter/die Ermittlungsrichterin.

Der Vernehmung eines Kindes unter 14 Jahren ist in den meisten Fällen, eine Vertrauensperson des Kindes beizuziehen; älteren Zeug/innen ist auf deren Verlangen die Anwesenheit einer Vertrauensperson zu gestatten. In der späteren Hauptverhandlung werden Zeug/innen grundsätzlich unter Anwesenheit und Beteiligung der (anderen) Parteien und deren Vertreter/innen vernommen.

Kontradiktorischen Vernehmung der Zeugen

Darunter ist eine Vernehmung der Parteien durch Staatsanwalt/-anwältin, Richter/in, Privatbeteiligte und Verteidiger/in zu verstehen, die jedoch in einem vom Gerichtssaal getrennten Raum durch Videoübertragung (in den Gerichtssaal) stattfindet, wodurch die übrigen Parteien indirekt daran teilhaben können.

Der direkte Kontakt des Opfers mit dem/der Beschuldigten wird dadurch vermieden, die Parteien können aber dennoch ihr Fragerecht ausüben (wobei die Fragen über den Richter/die Richterin in den abgesonderten Vernehmungsraum telefonisch übermittelt werden).

Mit einer solchen Befragung können die Richter/innen überdies geeignete Sachverständige beauftragen, die auch die Aufgabe haben, die an die Zeug/innen gerichteten Fragen erforderlichenfalls kindgerecht zu „übersetzen“.

Kinder unter 14 Jahren, die Opfer von Sexualdelikten geworden sind, müssen auch ohne speziellen Antrag schonend vernommen werden. Kinder unter 14 Jahren, die Opfer eines anderen Delikts geworden sind, ältere Opfer von Sexualdelikten sowie (andere) Angehörige der verdächtigten Person haben ein Recht auf kontradiktorische und schonende Vernehmung, wenn sie (oder die Staatsanwaltschaft) einen Antrag stellen.