THEMEN 2013
Standards für den Bereich "Sexuelle Gewalt gegen Kinder"
- Arbeit mit Missbrauchstätern darf nicht von der Freiwilligkeit des Täters abhängen.
- Unabhängig von der Täterarbeit sind Vorkehrungen für die Sicherheit des Opfers zu treffen.
- Die Kooperation und der Informationsaustausch zwischen den Einrichtungen, die mit Tätern arbeiten, und Opferschutzeinrichtungen ist unumgänglich.
- Die ergriffenen Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt werden (Koordination).
- Die Zusammenarbeit und der Austausch mit Behörden ist ein wichtiger Aspekt der Arbeit gegen sexuelle Gewalt (Interaktion mit anderen Institutionen).
- Bei der Zusammenarbeit von Behörden und Einrichtungen, die mit Tätern arbeiten, sollten schriftliche Vereinbarungen getroffen werden.
- Auflagen, Weisungen und Maßnahmen sind zu kontrollieren.
- Es ist zu vereinbaren, wer was kontrolliert.
- Die Kontrolle des Täters muss außerhalb des Vertrauensverhältnisses zwischen der Person, die mit dem Täter arbeitet, und dem Täter selbst angesiedelt sein.
- Die Mitarbeiter/innen von Einrichtungen, die Täterarbeit anbieten, müssen eine entsprechende Ausbildung absolviert haben und regelmäßig Supervision und Intervision in Anspruch nehmen.
- Aus- und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Täterarbeit sind anzubieten und zu fördern.
- Täter, die Täterarbeit in Anspruch nehmen, sollten, je nach Einkommenshöhe, einen Kostenbeitrag bezahlen.
- Es ist im Einzelfall zu klären, welche Institution die Erstkonfrontation des Täters übernimmt.
- Diagnostische Vorgespräche mit dem Täter zur Einschätzung der (strafbaren) Handlung, der Persönlichkeit und der geeigneten Form der Täterarbeit sind wichtig.
- Die Arbeit mit dem Missbrauchstäter sollte auf einer schriftlichen Vereinbarung mit ihm beruhen, in der die Bedingungen der Teilnahme und der Mitarbeit festgehalten sind.
- In diesem Vertrag sind Zielkriterien festzulegen - z.B. ab sofort keine Missbrauchshandlungen mehr, Einhalten von rechtlichen Vereinbarungen, usw.
- Die Kriterien für den erfolgreichen Abschluss eines Programms sind die Teilnahme, die zufrieden stellende Mitarbeit des Täters und das Einhalten der Vereinbarungen.
- Es ist im Einzelfall zu entscheiden, welches Setting für den jeweiligen Missbrauchstäter am zielführendsten ist: Einzelberatung, Gruppentraining oder eine Kombination.
- Eine "klassische" Therapie reicht für die Arbeit mit Missbrauchstätern nicht aus.
- Täter- und Opferarbeit sollte personell getrennt erfolgen.
- Mit dem Missbrauchstäter sollte mindestens zwei Jahre gearbeitet werden.
- Möglichkeiten der Nachbetreuung und der Rückfallsprävention müssen geschaffen und genutzt werden.
- Eine regelmäßige Evaluation der Täterarbeit ist notwendig.
- Die Arbeit mit Missbrauchstätern muss auf folgende inhaltliche Schwerpunkte und Ziele fokussieren:
- Durchbrechen der Verleugnung
- Übernahme der Verantwortung für die Tat
- Entwicklung von Einsicht in den Unterschied zwischen der Sexualität von Kindern und Erwachsenen
- Eingestehen der Schuld
- Sensibilisierung des Täters für Erregungszustände
- Schulung der Eigenwahrnehmung
- Arbeit am verzerrten Denken und am Deliktszenario
- Entwicklung von Opferempathie
- Entwicklung von Kontrolle über das Missbrauchsverhalten und die Fantasien, die den Übergriffen vorausgehen
- Bezug zur individuellen Lebensgeschichte
Entwicklung von sozialen Fertigkeiten (Normen, Werte)
- Entwicklung der Fähigkeit für sozial verträgliche sexuelle Beziehungen
- Rückfallsprävention als Inhalt der Arbeit mit dem Missbrauchstäter
Die hier genannten Kriterien gelten im wesentlichen auch für die Arbeit mit Vergewaltigern.
Die Standards für den Bereich "Sexuelle Gewalt gegen Kinder" wurden auf der Grundlage von Arbeitspapieren der Männerberatung Wien und des psychologischen Dienstes des Wiener Amtes für Jugend und Familie erstellt.
Literatur
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[1] Heidemarie Haydari: Standards für die Arbeit mit Gewalttätern In: Bundesministerim für Umwelt, Jugend und Familie, Täterarbeit - ein Beitrag zum Opferschutz. Modelle, Grundlagen & Standards, Wien, 1999