Anzeige

Einleitung des Strafverfahrens

Durch eine Anzeige erfahren die zuständigen Behörden von einer Straftat und können entsprechende weitere Schritte einleiten. Die Polizei kann auch aufgrund eigener Wahrnehmungen tätig werden, da es nicht zwingend nötig ist, dass jemand Anzeige erstattet, damit die Polizei handeln darf. In den meisten Fällen wissen die Behörden aber ohne eine Anzeige nichts von der Straftat.

Gewaltdelikte sind sogenannte Offizialdelikte. Das bedeutet, dass die staatlichen Behörden diese auf jeden Fall verfolgen müssen, wenn sie von so einer Tat erfahren. Die anzeigende Person kann daher die Anzeige nicht mehr zurückziehen und damit die Ermittlungen beenden.

Nicht jede Anzeige führt zu einem Strafverfahren und nicht jedes Strafverfahren zu einer Verurteilung. Doch selbst wenn das Strafverfahren eingestellt oder der:die Verdächtige freigesprochen wird, hat die Person, die die Anzeige erstattet hat, keine strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Solche können nur dann eintreten, wenn die Person, die die Anzeige erstattet hat, gewusst hat, dass sie jemanden zu Unrecht beschuldigt.

Wo kann man anzeigen?

Als Stellen, bei denen man eine Anzeige machen kann, sind vor allem die Polizei und die Staatsanwaltschaft vorgesehen. Daher kann bei jeder Polizeidienststelle und bei jeder Staatsanwaltschaft eine Anzeige gemacht werden. Die Staatsanwaltschaften sind bei den Straflandesgerichten eingerichtet. Es ist nicht notwendig, dass die Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft in der Nähe des Ortes der Straftat liegt. Die Erstattung einer Anzeige ist für die anzeigende Person kostenlos.

Zeigt man als Opfer eine Straftat an, hat man das Recht, kostenlos eine schriftliche Bestätigung der Anzeige zu bekommen, die alle wichtigen Daten enthält. Spricht man als Opfer kein Deutsch, hat man das Recht eine Übersetzung der Bestätigung zu verlangen.

Wer muss, wer kann anzeigen? Gibt es einen Unterschied zwischen einzelnen Berufsgruppen?

Grundsätzlich dürfen alle Personen, die von einer Straftat erfahren oder davon betroffen sind, eine Anzeige machen. Ob sie das tun, ist aber bei Privatpersonen ihre freie Entscheidung, sie sind nicht verpflichtet, ein strafbares Verhalten anzuzeigen.

Gewisse Berufsgruppen sind dazu verpflichtet, eine Anzeige zu machen, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit von einer Straftat erfahren.

Dazu gehören Personen, die bei einer Behörde oder einer öffentlichen Dienststelle tätig sind. Das betrifft Mitarbeitende von Ministerien, Ländern und Gemeinden, aber auch z. B. alle Bürgermeister:innen oder Zoll- oder Asylbehörden.

Angehörige von Gesundheitsberufen sind unter bestimmten Bedingungen dazu verpflichtet, eine Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu machen. Das betrifft Ärzt:innen genauso wie Krankenpflegepersonal, Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen, Hebammen, Sanitätspersonal und ähnliche Berufsgruppen. Konkret ist das dann der Fall, wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Informationen dafür erhalten, dass jemand durch eine Straftat zu Tode gekommen ist, schwer verletzt oder vergewaltigt wurde. Außerdem müssen sie Anzeige erstatten, wenn sie den Verdacht haben, dass ein Kind, ein:e Jugendliche:r oder eine Person, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung besondere Unterstützung braucht, misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht wurde oder wird. Es gibt allerdings gewisse Ausnahmeregelungen, in diesen Fällen kann von einer Anzeige abgesehen werden. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein volljähriges Opfer, das für sich selbst entscheiden kann, eine Anzeige ausdrücklich ablehnt, keine weitere Gefahr von Straftaten besteht und die notwendigen Spuren gesichert sind. Ein:e Angehörige:r eines Gesundheitsberufs kann auch dann auf eine Anzeige verzichten, wenn dadurch das Vertrauensverhältnis zu dem:der Patient:in stark beeinträchtigt werden würde und keine unmittelbare Gefahr einer weiteren Straftat besteht. Auf eine Anzeige kann auch im Falle eines misshandelten oder missbrauchten Kindes oder Jugendlichen dann verzichtet werden, wenn es sich bei dem:der vermutlichen Täter:in um ein:e Angehörige:n handelt und eine Anzeige nachteilig für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen wäre. In diesen Fällen muss aber die Kinder- und Jugendhilfe eingeschaltet werden.

Zeigen die Sozialarbeiter:innen der Kinder- und Jugendhilfe automatisch an, wenn man sich an sie wendet?

Bestimmte Institutionen im Bereich der Betreuung, Begleitung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen sind verpflichtet, die Kinder- und Jugendhilfe zu informieren, wenn sie den Verdacht haben, dass ein Kind oder ein:e Jugendliche:r misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht wurde oder wird. Diese Mitteilung kann dann unterbleiben, wenn die Betreuungseinrichtung die Gefährdung selbst abwenden kann.

Die Mitarbeiter:innen der Kinder- und Jugendhilfe sind verpflichtet, auf das Wohl des betroffenen Kindes zu achten. Wenn sie eine Information bekommen, dass der Verdacht einer Misshandlung oder eines Missbrauchs vorliegt, müssen sie die notwendigen Informationen einholen um beurteilen zu können, ob eine konkrete Gefährdung besteht. Eine sofortige Pflicht zur Anzeige besteht nicht. Vielmehr wird die Kinder- und Jugendhilfe versuchen, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln einen Weg zu finden, eine Gefährdung zu beseitigen und für das Kind eine sichere Umgebung herzustellen, wenn möglich innerhalb der eigenen Familie oder durch eine vorübergehende Unterbringung des Kindes außerhalb der Familie. Ist eine Beseitigung der Gefährdung allerdings mit den Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe nicht möglich, erfolgt eine Anzeige.