Prozessbegleitung

Was ist Prozessbegleitung und wer erhält sie?

Unter Prozessbegleitung ist die kostenlose Unterstützung von Opfern bestimmter Delikte (und deren Bezugspersonen) bei der Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten im straf- und zivilrechtlichen Verfahren zu verstehen. Es wird zwischen psychosozialer und juristischer Prozessbegleitung unterschieden, wobei diese beiden Formen oft gemeinsam durchgeführt werden.

Anspruchsberechtigt sind alle Personen, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährliche Drohung erlebt haben (z. B. bei einer Körperverletzung), in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung verletzt wurden (z. B. bei einer Vergewaltigung oder einem sexuellen Missbrauch) oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Tat ausgenützt wurde, sowie nahe Verwandte einer Person, die durch die Tat getötet wurde, und Verwandte eines Opfers, die Zeug:innen der Tat geworden sind. Darüber hinaus haben auch Opfer bestimmter Delikte (z. B. terroristischer Taten oder Opfer von Hass im Netz) Anspruch auf Prozessbegleitung. Schließlich kommt diese auch allen minderjährigen Personen (also Personen unter 18 Jahren) zu, die selbst zwar nicht Opfer geworden sind, aber Zeug:innen von Gewalt im sozialen Nahraum (z. B. in der Familie) waren.

Grundsätzlich muss Prozessbegleitung beantragt werden und ist zu gewähren, wenn dies zur Wahrung der Rechte im Prozess in der individuellen Situation erforderlich ist. Personen, die Opfer eines Sexualdelikts geworden und noch unter 14 Jahre alt sind, ist in jedem Fall psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren. Die finanziellen Möglichkeiten des Opfers sind für die Gewährung von Prozessbegleitung nicht von Bedeutung.

Worin besteht Prozessbegleitung?

Prozessbegleitung beginnt mit einer Beratung vor der Anzeige und dauert bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens (inklusive eines eventuellen Fortführungsantrages). Man unterscheidet psychosoziale und juristische Unterstützung.

Das Angebot der psychosozialen Prozessbegleitung durch Mitarbeiter:innen spezialisierter Beratungsstellen zielt vor allem auf eine Unterstützung bei der emotionalen Bewältigung des Strafprozesses ab. Sie umfasst unter anderem die Vorbereitung und Begleitung des Opfers zur Anzeigenerstattung, zu Vernehmungen und sonstigen wichtigen Terminen, die Information über den Ablauf des Verfahrens und die Koordination mit anderen an dem Fall beteiligten Stellen (z. B. Kinder- und Jugendhilfe, Spitäler, Schulen, Kindergärten, etc). Unter gewissen Umständen kann sich die psychosoziale Prozessbegleitung auch auf einen nachfolgenden Zivilprozess erstrecken, in dem das Opfer Schadenersatzansprüche geltend macht.

Juristische Prozessbegleitung wird durch Rechtsanwält:innen durchgeführt, die auf die Begleitung und Vertretung von Opfern spezialisiert sind. Hierbei geht es um eine rechtliche Beratung und Unterstützung. Juristische Prozessbegleiter:innen erklären den Betroffenen den Ablauf des Verfahrens und erläutern ihnen ihre Rechte und Pflichten. Sie achten darauf, dass die Opfer diese Rechte vor Gericht auch erhalten. Wenn das Opfer im Rahmen des Strafverfahrens zivilrechtliche Ansprüche etwa auf Schadenersatz geltend macht, ist dies ebenfalls Aufgabe der juristischen Prozessbegleiter:innen. Diese Form der Prozessbegleitung kann nicht auf ein nachfolgendes Zivilverfahren ausgedehnt werden, hier kommt eventuell eine Unterstützung in Form der Verfahrenshilfe zum Einsatz.

Wer gewährt Prozessbegleitung?

Prozessbegleitung wird von Opferschutzeinrichtungen gewährt, mit denen das Bundesministerium für Justiz einen Vertrag geschlossen hat, und ist für die Anspruchsberechtigten kostenlos. In jedem individuellen Fall wird entschieden, ob psychosoziale, juristische oder beide Formen der Unterstützung gewährt werden (mit Ausnahme von unter 14jährigen Opfern von Sexualdelikten, in diesen Fällen ist jedenfalls psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren).

Gibt es spezielle Einrichtungen für Kinder und Jugendliche?

Für die Prozessbegleitung von Kindern und Jugendlichen stehen spezialisierte Beratungseinrichtungen, die im Umgang mit Kindern und Jugendlichen besonders geschult sind, zur Verfügung.