Ablauf eines Strafverfahrens

Nicht jedes Strafverfahren endet mit einer rechtskräftigen Verurteilung. An verschiedenen Punkten gibt es zuvor die Möglichkeit, dass das Verfahren eingestellt oder auf andere Weise („diversionell“) erledigt wird. Eine Verurteilung bedeutet aber auch nicht in jedem Fall das Ende des Verfahrens. Durch die Möglichkeit eines Rechtsmittels kann es dazu kommen, dass das Urteil überprüft und gegebenenfalls abgeändert wird.

Ermittlungsverfahren

In der Regel steht am Beginn jedes Strafverfahrens eine Anzeige. In einem ersten Schritt wird dann durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft geprüft, ob es sich bei dem berichteten Verhalten vermutlich um eine Straftat handelt oder nicht (Prüfung eines „Anfangsverdachts“). Ist das nicht der Fall, z. B. weil das berichtete Verhalten keinem gesetzlich vorgesehenen Delikt entspricht, endet das Verfahren hier (zu der Möglichkeit eines Fortführungsantrags siehe hier). Geht die Polizei bzw die Staatsanwaltschaft davon aus, dass es sich um ein strafbares Verhalten handelt, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses dient dazu, genaue Informationen über die Tat einzuholen und dadurch abzuklären, um welche Straftat es sich konkret gehandelt hat. Die Polizei bzw die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, alle strafbaren Handlungen zu verfolgen, von denen sie erfährt, man spricht hier von dem sogenannten Offizialprinzip. Nur in wenigen Fällen, bei nicht schwerwiegenden Delikten, gibt es hier Ausnahmen, z. B. bei Privatanklagedelikten.

Das Ermittlungsverfahren wird durch die Staatsanwaltschaft geleitet, die Ermittlungen selbst werden aber in der Regel durch die Polizei durchgeführt. Diese führt Vernehmungen durch und sichert Beweise. Je nach den Erfordernissen des Falles kommt es zu anderen Maßnahmen, wie z. B. einer Hausdurchsuchung oder einer Festnahme und Untersuchungshaft einer verdächtigen Person.

Liegen alle wesentlichen Informationen vor, um beurteilen zu können, was genau geschehen ist, schickt die Polizei einen entsprechenden Bericht an die Staatsanwaltschaft. Diese hat dann verschiedene Möglichkeiten, je nachdem, um welche Tat es sich genau handelt. Sie kann das Verfahren einstellen, z. B. wegen Geringfügigkeit. In diesem Fall kommt es zu keinen Konsequenzen für den:die Täter:in. Die Staatsanwaltschaft kann auch von der weiteren Verfolgung der Tat zurücktreten und eine Diversion durchführen. In diesem Fall kommt es zu gewissen Konsequenzen für den:die Täter:in (z. B. die Verpflichtung zu gemeinnützigen Leistungen), aber zu keiner Strafe (siehe Diversion). Schließlich kann die Staatsanwaltschaft entscheiden, eine Anklage zu erheben (gegen die der:die Beschuldigte in manchen Fällen die Möglichkeit eines Einspruchs hat). Aufgrund der Anklage kommt es zu einer Hauptverhandlung vor Gericht.

Hauptverfahren

Je nachdem, wie schwerwiegend die Sache ist, wird sie vor dem Bezirksgericht oder dem Landesgericht verhandelt. Das Bezirksgericht ist für Verfahren zu Straftaten zuständig, die nur mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr bedroht sind. Es gibt allerdings Ausnahmen, wie beispielsweise bei Nötigung oder Stalking. Bei mehr als einem Jahr Strafdrohung ist das Landesgericht zuständig, je nach angedrohter Strafe durch eine:n Einzelrichter:in, als Schöffengericht oder als Geschworenengericht. Ein Schöffengericht setzt sich aus einem:einer oder zwei Berufsrichter:innen und zwei Laienrichter:innen zusammen, ein Geschworenengericht aus drei Berufsrichter:innen und acht Geschworenen.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens erhebt die Staatsanwaltschaft die Anklage. Es kommt zu Vernehmungen des:der Angeklagten und von Zeug:innen, gegebenenfalls werden Sachverständige hinzugezogen und Beweise gesichtet (Urkunden, Fotos, etc.). Das Verfahren endet entweder mit einem Freispruch oder einer Verurteilung, manchmal kommt es auch im Rahmen einer Hauptverhandlung noch zu einer Diversion.

Rechtsmittelverfahren

Gegen ein gerichtliches Urteil kann schließlich mit einem Rechtsmittel vorgegangen werden. Dabei können verschiedene Aspekte vorgebracht werden, z. B. dass das Gericht in der Verfahrensführung einen Fehler gemacht hat oder dass wichtige Tatsachen nicht beachtet wurden. Dann muss das Verfahren bzw das Urteil durch ein übergeordnetes Gericht überprüft werden. Wurde das erste Urteil von einem Bezirksgericht gefällt, entscheidet das Landesgericht in Form eines Senats aus 3 Richter:innen. Bei Erstentscheidungen durch das Landesgericht kommt es zu einem Instanzenzug entweder an das Oberlandesgericht oder an den Obersten Gerichtshof.