Opferrechte im Strafverfahren

Wer gilt als Opfer im Strafverfahren?

Im Strafprozess werden verschiedene Gruppen von Opfers unterschieden. Ihnen kommen teilweise unterschiedliche Rechte zu, wobei immer jene Personen, die entweder besonders belastet oder besonders schutzwürdig sind (z. B. aufgrund ihres Alters) mehr Unterstützung und Schonung erfahren sollen. So gelten alle Personen als Opfer, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährliche Drohung erlebt haben (z. B. bei einer Körperverletzung), in ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung verletzt wurden (z. B. bei einer Vergewaltigung oder einem sexuellen Missbrauch) oder deren persönliche Abhängigkeit durch eine solche Tat ausgenützt wurde.

Als Opfer gelten auch nahe Verwandte einer Person, die durch die Tat getötet wurde, und Verwandte eines Opfers, die Zeugen/Zeuginnen der Tat geworden sind. Vor allem diesen beiden Gruppen kommen im Strafverfahren umfassende Recht zu, speziell der Anspruch auf Prozessbegleitung.

Als dritte Gruppe sieht die Strafprozessordnung jene Personen als Opfer an, die durch eine Straftat einen Schaden erlitten haben oder in strafrechtlich geschützten Rechtsgütern beeinträchtigt wurden. Da es sich hierbei um eine sehr weit gefasste Gruppe handelt, haben diese Personen keinen Anspruch auf Prozessbegleitung.

Seit einigen Jahren kennt das Gesetz auch den Begriff der „besonders schutzbedürftigen Opfer“. Das sind Personen, die aufgrund ihres Alters, ihres gesundheitlichen und seelischen Zustands und aufgrund besonderer Merkmale der Tat ein erhöhtes Schutzlevel benötigen. Ihnen kommen mehr Rechte zu, wie beispielsweise das Recht zu verlangen, nach Möglichkeit von einer Person des selben Geschlechts vernommen zu werden. Die besondere Schutzwürdigkeit muss so bald wie möglich im Verfahren festgestellt werden (in der Regel durch die Polizei, die in den meisten Fällen als erste Institution mit den Betroffenen zu tun hat). Jedenfalls als besonders schutzwürdig gelten Opfer von Sexualdelikten und Personen unter 18 Jahren.

Welche Rechte haben Opfer im Strafverfahren?

Die Strafprozessordnung sieht verschiedene Rechte vor, die Opfern zukommen. Geregelt ist das in den §§ 65 bis 73 Strafprozessordnung. Manche dieser Rechte stehen Opfern automatisch zu, manche müssen durch das Opfer beantragt werden.

Dem Opfer kommen im Verfahren unter anderem folgende Rechte zu:

  • das Recht auf Beteiligung: das Opfer ist nicht nur berechtigt dazu, Anzeige zu erstatten, ihm ist auch eine Anzeigebestätigung auszustellen. Die Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet, die Rechte und Interessen des Opfers in jeder Stufe des Verfahrens zu berücksichtigen. In einem gewissen Ausmaß kann das Opfer auch Einfluss auf den Gang des Verfahrens nehmen, z. B. durch die Möglichkeit eines Fortführungsantrags. Das Opfer ist berechtigt, an bestimmten Verfahrenshandlungen teilzunehmen, z. B. an einer kontradiktorischen Vernehmung (von Zeug:innen oder dem:der Beschuldigten) (siehe Welche Möglichkeiten des Schutzes gibt es für Opfer, die als Zeugen/Zeuginnen aussagen müssen?), an einer Tatrekonstruktion und an der Hauptverhandlung. Hier kommt dem Opfer auch ein Fragerecht zu (an den:die Angeklagte:n, Zeug:innen, Sachverständige, etc).
  • das Recht auf Informationen: das Opfer muss durch die Behörden auf ihm verständliche Art und Weise über seine wesentlichen Rechte informiert werden. Außerdem muss es von bestimmten Verfahrenshandlungen verständigt werden (z. B. von der Einstellung des Verfahrens) und hat ein Recht auf Akteneinsicht, soweit seine Interessen betroffen sind.
  • das Recht auf Schutz und Schonung: je nach den Gegebenheiten des einzelnen Falls haben manche Opfer das Recht, auf besonders schonende Weise vernommen zu werden, die Beantwortung einzelner Fragen zu verweigern, zu beantragen, dass die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen wird, und zu beantragen, dass der:die Angeklagte während der Aussage des Opfers den Saal verlassen muss (siehe Welche Möglichkeiten des Schutzes gibt es für Opfer, die als Zeugen/Zeuginnen aussagen müssen?).
  • das Recht auf Übersetzungshilfe
  • das Recht auf Vertretung durch Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen, anerkannte Opferschutzeinrichtungen oder sonstige geeignete Personen
  • das Recht auf Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche (z. B. eines Schadenersatzanspruchs) als Privatbeteiligte. Diesen kommt dann auch das Recht zu, Beweise zu beantragen.

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